Videospiele und das Gehirn: Zwischen Sucht und Spaß

Wenn jemand sagt, dass ihm ein Videospiel gefällt, dann nennt er als Grund oft die Grafik, die Story oder das Gameplay. Das ist aber nur die Oberfläche. Es gilt als ein Verkaufsargument und ein Lob für Entwickler, wenn es heißt, dass ein Spiel süchtig macht. Aber was genau macht die Fans dabei eigentlich süchtig? Welcher Mechanismus im Gehirn steckt dahinter? Es ist das Belohnungssystem. Hier erklären wir Ihnen vereinfacht, wie der Prozess im Gehirn funktioniert, der jemanden süchtig macht nach Videospielen.

Wie funktioniert das Belohnungssystem?

Das Belohnungszentrum ist ein Areal im Vorderhirn, das für die Wahrnehmung von Belohnungen verantwortlich ist und für positive Gefühle wie Vergnügen, Zufriedenheit, Freude, Motivation, Lust sowie assoziatives Lernen. Dieses Areal wird immer dann aktiviert, wenn es einen Belohnungsreiz erhält, das heißt wenn Dopamin ausgeschüttet wurde.

Dopamin ist ein Neurotransmitter - ein Botenstoff zwischen den Gehirnzellen und -arealen -, der von Zellen im Mittelhirn gebildet wird, sobald wir etwas Schönes erleben, etwa ein gutes Essen, Verliebtsein oder das Lachen unseres Kindes. Wenn das Dopamin vom Belohnungszentrum aufgenommen wird, sendet dieses das Signal für gute Gefühle an das gesamte Gehirn aus. Um diese guten Gefühle möglichst oft zu erleben, wiederholt der Mensch dann gerne die Dinge, die sie ihm beschert haben.

Im besten Fall sorgt das für eine gesunde Motivation, um überhaupt aktiv zu werden. Aber die Motivation kann auch überhand nehmen und zur Sucht werden, die dann ungesunde Folgen hat. Bei Videospiel-Süchtigen wirkt dabei im Prinzip derselbe Mechanismus im Gehirn wirkt wie bei Drogenabhängigen.

Drogen sorgen durch verschiedene chemische Prozesse dafür, dass das Belohnungszentrum übermäßig durch Dopamin stimuliert wird. Das Gefühl von Vergnügen und Befriedigung ist größer und damit auch die Motivation, es erneut zu erleben. Das Gehirn gewöhnt sich zudem an das höhere Level von Dopamin und verlangt nach immer höheren Dosen, um denselben Effekt auszulösen. Am Ende besteht die Sucht auch, wenn gar keine reale Belohnung mehr erfolgt - ja sogar gerade dann, denn dies löst nun eine regelrechte Gier nach dem Suchtmittel aus, in der Hoffnung wieder eine Belohnung zu bekommen.

Bei einer Sucht ordnet sich der Rest des Gehirns diesem Mechanismus unter und den Abhängigen interessiert nur noch sein Suchtmittel. Im Fall von Videospielen vernachlässigen Süchtige dann andere Aktivitäten wie Sport, Schule, Arbeit, reale Beziehungen und sogar Schlafen.

Wieso lösen Videospiele die Ausschüttung von Dopamin aus?

Aber warum genau wirken Videospiele eigentlich auf unserer Belohnungssystem? Videospiele erfordern zielgerichtete motorische Handlungen, die auf Belohnungen ausgerichtet sind und dadurch für die Ausschüttung von Dopamin sorgen.

Die Grundidee der meisten Videospiele ist: Sie müssen Fortschritte im Spiel erzielen, um etwas zu erhalten oder zu gewinnen. Bei manchen müssen Sie vorher hart kämpfen, bei anderen sind die Belohnungen mit weniger Aufwand zu erreichen (zum Beispiel bei Candy Crush).

Im ersten Fall ist die Befriedigung intensiver, sobald die Belohnung erreicht wird. Im zweiten Fall ist das Gefühl nicht so stark, dauert dafür aber länger an, weil es immer wieder Belohnungen gibt. In beiden Fällen wird das Belohnungssystem aktiviert und es bildet sich eine Gewohnheit heraus, die auch zur Sucht werden kann. Die verschiedenen Spiellevel sorgen dafür, dass es eine Steigerung gibt und die Belohnungen erstmal nicht ausgehen und sogar größer werden. Wenn Sie dann an eine Schwierigkeitsgrad kommen, den Sie nicht mehr meistern können, setzt die Gier nach der Belohnung ein und Sie spielen trotzdem weiter - oder sind bereit, sich Items zu kaufen, um das Level doch noch abzuschließen.

Computerspielsucht: Nur eine Frage der Chemie?

Im juni 2018 hat die Weltgesundheitsorganisation exzessives Computer- oder Videospielen offiziell als Sucht in seinen Krankheitenkatalog aufgenommen. Von allen Menschen, die Videospiele konsumieren, werden aber nur die wenigsten abhängig. Dabei spielen also noch andere, persönliche Faktoren eine Rolle als nur die Dopamin-Ausschüttung oder die Art und Qualität des Videospiels. Nicht jeder reagiert auf diese äußeren Reize gleich.

Um eine reine Gewohnheit von der Computerspielsucht zu unterscheiden, gelten folgende Kriterien:
1. Der Spieler hat es nur noch bedingt selbst unter Kontrolle, wie intensiv, wie häufig und wie lange er spielt.
2. Das Spielen ist seine oberste Priorität und ersetzt zunehmend andere Aktivitäten.
3. Obwohl sich bereits negative Auswirkungen zeigen, spielt der Spieler weiter.

Wenn Sie diese Anzeichen bei sich bemerken, suchen Sie sich Hilfe. Auf Computerspiel- und Mediensucht spezialisierte Psychologen und Beratungsstellen finden Sie hier.

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