Risiken durch künstliche Intelligenz: Welche Arbeitsplätze sind in Gefahr?

Die rasante Entwicklung generativer KI wie ChatGPT beschwört eine Revolution für die Arbeitswelt herauf. Vor allem besteht die Gefahr, dass bestimmte Berufe nicht mehr von Menschen, sondern durch KI ausgeführt werden.

Wie schnell könnte KI die Arbeitswelt verändern?

Seit seiner Einführung hat ChatGPT bestimmte Berufe ins Visier genommen, die darin eine Möglichkeit sehen, ihre Produktivität zu steigern. Dabei steckt die KI noch in den Kinderschuhen, auch wenn sie sich in wenigen Monaten stark weiterentwickelt hat. Vor allem mit der Veröffentlichung von GPT-4, einer fortschrittlicheren Version des Sprachmodells, die den Chatbot zuverlässiger und genauer macht, und der Integration von Plugins in ChatGPT sind die Möglichkeiten, KI jetzt schon in reale Arbeitsprozesse einzubinden, gewachsen.

Im Bereich der Produktivität digitaler Werkzeuge greifen bereits verschiedene Plattformen auf KI zurück: So hat Microsoft erst kürzlich seinen Copilot-Assistenten für seine Microsoft 365-Suite angekündigt, Google bereitet sich darauf vor, seine Workplace-Suite um einen intelligenten Assistenten zu erweitern, und selbst Canva integriert über die Canva Visual Suite immer mehr KI in seine Tools.

KI hält allmählich Einzug in die Arbeitswelt und es läuft scheinbar unweigerlich hinaus, dass sie viele derzeitige Arbeitsplätze ersetzen wird. Laut einer Umfrage von ResumeBuilder, die vom Magazin Fortune veröffentlicht wurde, haben bereits 25 Prozent der Unternehmen Mitarbeiter durch ChatGPT ersetzt, darunter zum Beispiel das Medienunternehmen CNET. Es handelt sich um eine echte Revolution für Arbeitsplätze im tertiären Sektor, wie es die Industrialisierung für die manuellen Berufe war, und sie wird vor allem Europa und die Vereinigten Staaten treffen. Welche Veränderungen können wir also in den nächsten Jahren erwarten?

Wie könnte KI den Technologiesektor revolutionieren?

In einem Blogbeitrag bezeichnet Bill Gates KI als den revolutionärsten technologischen Fortschritt seit der Einführung der grafischen Benutzeroberfläche (GUI) im Jahr 1980. "Die Entwicklung der künstlichen Intelligenz ist so grundlegend wie die Erfindung des Mikroprozessors, des Personal Computers, des Internets und des Mobiltelefons. Sie wird die Art und Weise verändern, wie Menschen arbeiten, lernen, reisen, für sich selbst sorgen und miteinander kommunizieren", sagt Gates.

Zum ersten Mal in der Geschichte der technologischen Innovationen sind es die intellektuellen Berufe, die am stärksten betroffen sind. Wissenschaftler haben den Wandel untersucht und versuchen vorauszusagen, welche Auswirkungen KI in den kommenden Jahren auf den Arbeitsmarkt haben könnte. So ermittelten Forscher von OpenAI in Zusammenarbeit mit Open Research und der University of Pennsylvania die am stärksten gefährdeten Berufe in einer Stichprobe von 1.000 Berufen, von denen jeder in mehrere Aufgaben unterteilt wurde. Ihrer Studie zufolge könnte KI mindestens die Hälfte der für jeden Beruf ermittelten Aufgaben übernehmen. Dies würde sich vor allem auf einkommensstarke Berufe auswirken, bei denen die Arbeitnehmer ihre Aufgaben heute schon mit Hilfe von Software ausführen.

Welche Berufe sind durch KI am meisten gefährdet?

"Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass etwa 80 Prozent der US-amerikanischen Arbeitnehmer mindestens zehn Prozent ihrer beruflichen Aufgaben durch die Einführung von KI beeinträchtigt sehen könnten, während etwa 19 Prozent der Arbeitnehmer mindestens 50 Prozent der ihnen zugewiesenen Aufgaben verlieren könnten", heißt es in der Studie von OpenAI. Natürlich wären vor allem schreibende und kreative Berufe, wie Schriftsteller, Dichter, Lyriker, Journalisten und Grafikdesigner, betroffen, aber nicht nur. Auch juristische Berufe, wie Rechtsanwaltsgehilfen, sowie Programmierer und technische Berufe wie Mathematiker und Buchhalter, sind durch KI gefährdet.

Auf der anderen Seite könnten Berufe, die "stark von Wissenschaft und kritischem Denken abhängen", weniger durch KI ersetzt werden. Ebenso dürften einige Branchen, die auf viele Arbeitskräfte angewiesen sind, verschont bleiben.

Als besonders gefährdet gelten die folgenden Arbeitsplätze:

  • Bank- oder Finanzberater: "KI kann Finanzmärkte und Wirtschaftsdaten analysieren, um auf der Grundlage von Vorhersagemodellen Anlageempfehlungen zu geben."
  • Callcenter-Mitarbeiter: "KI kann eingehende und ausgehende Anrufe bearbeiten, Fragen beantworten und Kundenprobleme lösen."
  • Community-Manager: "KI kann mit Nutzern in sozialen Netzwerken interagieren, Kommentare moderieren und Werbekampagnen verwalten."
  • Werbetexter: "KI kann Werbeinhalte, einprägsame Titel und Produktbeschreibungen mit überzeugenden Techniken erstellen."
  • Entwickler: "KI kann schnell Codes und Websites generieren und Designelemente vorschlagen" und "dank seiner algorithmischen Kreativität fesselnde Spielszenarien und Levels erstellen."
  • Journalist: "KI kann Presseartikel schreiben, die auf zuverlässigen Quellen beruhen und journalistische Standards einhalten."
  • Rechtsanwaltsgehilfe: "KI kann juristische Recherchen durchführen, Dokumente verfassen und bei der Vorbereitung von Fällen helfen."
  • Bibliothekar: "KI kann Ressourcen organisieren und katalogisieren sowie auf Benutzeranfragen reagieren."
  • Moderator: "KI kann unangemessene Inhalte auf Online-Plattformen schnell erkennen und entfernen."
  • Online-Lehrer: "KI kann sofortige Antworten und Lehrmittel entsprechend den Bedürfnissen der Schüler bereitstellen."
  • Programmierer: "AI beherrscht mehrere Programmiersprachen und kann schnell Code schreiben oder debuggen."
  • Immobilienmakler: "KI kann Informationen über Immobilien liefern, virtuelle Besichtigungen organisieren und bei Vertragsverhandlungen helfen."
  • Empfangsmitarbeiter: "KI kann die Bearbeitung von Anrufen, die Planung von Terminen und die Bereitstellung von Informationen automatisieren und effektiv verwalten."
  • Personalvermittler: "KI kann Lebensläufe analysieren, Bewerber auswählen und Vorstellungsgespräche erleichtern."
  • Drehbuchautor: "KI kann auf der Grundlage einer umfangreichen Datenbank mit Filmen, Fernsehserien und Literatur Ideen für Geschichten, Dialoge und Plots generieren."
  • Reiseführer: "KI kann Informationen über Sehenswürdigkeiten, Kultur und Attraktionen in einer Region sowie Empfehlungen zu Aktivitäten, Restaurants und Unterkünften geben."

Wie viele Arbeitsplätze sind gefährdet?

Analysten der Investmentbank Goldman Sachs haben gerade einen Bericht zu diesem Thema veröffentlicht. Demzufolge könnten durch generative KI wie ChatGPT weltweit bis zu 300 Millionen Arbeitsplätze wegfallen. Etwa zwei Drittel der derzeitigen Arbeitsplätze in den USA und der EU wären zu einem gewissen Grad von der KI-Automatisierung betroffen. In den Vereinigten Staaten stehen Berufe in den Bereichen Recht, Verwaltung und Kundenbetreuung an vorderster Front, in Europa sind es Führungskräfte und Berufe in der Verwaltung.

So könnten 46 Prozent der Verwaltungsaufgaben, 44 Prozent der juristischen Aufgaben und 37 Prozent der Aufgaben im Bereich Architektur und Ingenieurwesen durch KI ersetzt werden. Der Bereich Biowissenschaften, Physik und Soziales dürfte mit 36 Prozent der ersetzbaren Aufgaben ebenfalls stark betroffen sein, danach folgen 35 Prozent der finanziellen Tätigkeiten und 25 Prozent der kaufmännischen. Dagegen sind Berufe, die eine körperliche Tätigkeit erfordern, wie zum Beispiel im Baugewerbe und in der Instandhaltung, mit sechs bzw. vier Prozent weniger stark betroffen.

Goldman Sachs analysierte auch die Länder, die am stärksten von der KI-Revolution betroffen sein werden: das sind Hongkong, Israel, Japan, Schweden und die USA. Am wenigsten leiden werden die Arbeitsplätze in China, Nigeria, Vietnam, Kenia und Indien.

Die Zukunft scheint also recht trübe auszusehen. Die Studie prognostiziert jedoch auch eine Produktivitätssteigerung und eine Beschleunigung der Weltwirtschaft, wobei das jährliche globale BIP dank generativer KI um bis zu 7 Prozent steigen könnte. Die Analysten der Bank glauben zudem, dass KI auch neue Unternehmen schaffen könnte. "Die Verdrängung von Arbeitnehmern durch die Automatisierung wurde immer durch die Schaffung neuer Arbeitsplätze und das Entstehen neuer Berufe ausgeglichen", erklären sie. Denkbar wäre unter anderem die Entwicklung von Arbeitsplätzen, die die von Chatbots generierte Texte testen, ähnlich wie es bei der Beta-Version von Bing Chat der Fall war.

Es bleibt abzuwarten, ob die neu geschaffenen Arbeitsplätze ausreichen werden, um die gefährdeten Arbeitsplätze zu kompensieren. Der Bericht ist dennoch beruhigend: "Obwohl die Auswirkungen der KI auf den Arbeitsmarkt wahrscheinlich erheblich sein werden, sind die meisten Arbeitsplätze und Branchen nur teilweise der Automatisierung ausgesetzt und werden daher wohl eher durch KI ergänzt als ersetzt." So könnten nur sieben Prozent der Arbeitsplätze in den USA vollständig durch KI ersetzt werden, während 63 Prozent der Arbeitnehmer ihre Aufgaben mit Hilfe von künstlicher Intelligenz erledigen würden und 30 Prozent von der Automatisierung völlig unberührt blieben.

Müssen wir vor KI in der Arbeitswelt Angst haben?

Der Einfluss der generativen KI auf die Arbeitswelt wird wahrscheinlich so groß sein, dass die Menschheit mit größter Vorsicht vorgehen sollte, warnt Sam Altam, Gründer und CEO von OpenAI, zu Recht. Vor allem besteht die Gefahr, dass KI außer Kontrolle gerät, schließlich wird KI jetzt schon für Cyberangriffe eingesetzt. Diese Meinung wird von mehr als tausend Experten geteilt, darunter Elon Musk und Forscher von DeepMind, der KI-Abteilung von Alphabet, der Muttergesellschaft von Google.

Musk und mehr als tausend namhafte Persönlichkeiten haben nun einen offenen Brief unterschrieben und veröffentlicht, in dem sie ein sofortiges Moratorium für die Weiterentwicklung im Bereich der künstlichen Intelligenz fordern. Mindestens ein halbes Jahr soll die Forschung unterbrochen werden, damit in der Zeit eine wirkungsvolle Kontrolle und Regeln festgelegt werden könnten, die mit der Entwicklung Schritt halten. Im Wettlauf um die KI würden die IT-Unternehmen ihre Technologien ansonsten zu schnell auf den Markt bringen, ohne sich die Zeit zu nehmen, die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen.

Besonders deutlich wurde dies bei der Präsentation von Bard, dem Chatbot von Google, der bei seiner ersten Präsentation einen monumentalen Fehler machte. Auch der Chatbot von Microsoft und Bing wies Fehler auf und ging sogar so weit, Internetnutzer zu beleidigen. Es stellen sich auch Fragen nach dem CO2-Fußabdruck, da KI viel Energie verbraucht, nach dem rechtlichen Rahmen, nach dem Schutz der Privatsphäre und nach der Haftung für finanziell messbare Schäden. Die Menschheit muss zudem Grenzen festlegen, wie weit sie gehen will, ob sie zum Beispiel der künstlichen Intelligenz auch komplexe Entscheidungen überlassen will, etwa Gerichtsurteile und medizinische Diagnosen.

Foto: © Unsplash.

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